Von herausragenden Rennfahrern heißt es im Volksmund gerne, dass sie über einen guten Popometer verfügen. Was sich hinter diesem Begriff verbirgt, erfährst du im heutigen Artikel.
Was ist der "Popometer"?
Mit dem Begriff wird in der Regel die Fähigkeit beschrieben, das Limit eines Fahrzeugs erspüren zu können, d.h. die physikalische Grenze wahrnehmen zu können, an der das Fahrzeug entlang fahren kann, ohne auszubrechen. Viele glauben, dass ein guter Rennfahrer alleine eine gute Augen-Hand-Fuß-Koordination braucht, um schnell zu sein. In Wahrheit ist der Unterschied zwischen einer guten und einer sehr guten Rundenzeit aber vielmehr in der kinästhetischen Wahrnehmungsfähigkeit des Fahrers begründet.
Kinä...was?
Unter kinästhetischer Wahrnehmung versteht man die Sinneswahrnehmung, wie sich der Körper im Raum bewegt - dazu gehört unter anderen der Gleichgewichtssinn. Mit Kinästhesie ist die Fähigkeit gemeint, Bewegungen der Körperteile unbewusst zu kontrollieren und zu steuern und zwar so ökonomisch wie möglich, d.h. mit möglichst wenig Anstrengung.
Warum ist die kinästhetische Wahrnehmung im Gegensatz zu optischen Reizen entscheidend für die Performance eines Rennfahrers? Weil das Gehirn auf optische Reize frühestens nach 120 Millisekunden, auf kinästhetische Reize aber bereits nach weniger als 10 Millisekunden reagieren kann*. Bricht beispielsweise das Heck des Fahrzeugs aus, spürt das ein Fahrer mit einem guten kinästhetischen Gefühl 12 mal schneller, als dass er es sieht. Das Gehirn kann in der Folge ausgleichende Bewegungen sehr viel schneller durchführen lassen, so dass das Fahrzeug innerhalb des Limits bleibt und - um bei dem Beispiel zu bleiben - das Heck nicht komplett ausbricht. So funktioniert der Popometer. Je besser die kinästhetische Wahrnehmung eines Fahrers, desto besser kann er das Limit spüren und entsprechend schneller fahren.
Also Augen schließen und nur noch spüren, wie das Fahrzeug sich bewegt? Natürlich nicht. Referenzpunkte sind unerlässlich. Aber das Limit sieht man als Fahrer nicht, man spürt es.
Wie du den Popometer trainierst
Die Grundlage für einen guten Popometer wird - wie so oft - bereits in der Kindheit gelegt. Unerlässlich sind dabei viele und vor allem viele unterschiedliche Bewegungsabläufe. Wer im Kindesalter wenig Bewegung hatte, auf keinen Baum geklettert und selten gelaufen ist, konnte kaum ein kinästhetisches Gefühl entwickeln. Dieses Defizit ist auch durch vermehrtes Training im höheren Alter kaum wieder wettzumachen. Das Gefühl dafür, wie sich der Körper im Raum bewegt und welche Bewegungsabläufe welche Auswirkungen haben, wird bereits sehr früh entwickelt. Dass Bewegung für Kinder wichtig ist, ist allgemein bekannt. Für diejenigen, die sehr gute Rennfahrer werden wollen, aber umso mehr.
Auch im fortgeschrittenen Alter ist regelmäßige Bewegung unerlässlich. Hier solltest du für ausreichende Abwechslung sorgen, damit dein Körper immer wieder leicht abgewandelte Bewegungsabläufe absolvieren muss. Besonders gut sind natürlich Sportarten, in denen der Gleichgewichtssinn und die Koordinationsfähigkeit von Natur aus eine große Rolle spielen: Snowboarden, Turmspringen, Badminton, Tischtennis, Tanzen, Mountainbiking,... um nur einige zu nennen.
Linkes Foto: Haftungsgrenze überschritten, Fahrer muss gegen lenken Rechtes Foto: Kein Gegenlenken erforderlich
Wenn du einzelne Übungen machen möchtest, um deinen Popometer zu trainieren, empfehle ich dir die folgenden (sei bitte vorsichtig bei der Ausführung und suche dir insbesondere für die Übungen 2 & 3 einen Trainingspartner, der dir hilft):
- Auf Zehenspitzen stellen: Versuche eine gewisse Zeit lang nur auf Zehenspitzen zu laufen und nicht "herunter zu fallen". Bleibe auch mal nur auf einem Bein stehen. Beginne mit 5 Minuten und steigere dich dann sukzessive.
- Balancieren: Suche dir eine labile Unterlage. Das kann eine Slackline, ein Balance-Board oder etwas anderes sein. Probiere dabei verschiedene Übungen aus. Zum Beispiel könntest du versuchen, erst mit zwei Beinen, dann mit einem Bein zu balancieren. Den Schwierigkeitsgrad kannst du je nach Bedarf erhöhen, in dem du die Augen schließt oder parallel noch andere Herausforderungen hast (z.B. Kopfrechnen).
- Einradfahren: Die Königsdisziplin. Hier brauchst du definitiv Geduld und einigen Biss, bis du es erlernt hast. Es ist ratsam, unter professioneller Anleitung zu beginnen, um Verletzungsrisiken zu minimieren.
Nun kennst du einige Übungen, die du durchführen kannst, um deinen Popometer zu trainieren. Nichtsdestotrotz ist regelmäßige und ganzheitliche Bewegung ebenfalls unerlässlich. Wir wünschen dir viel Erfolg dabei und natürlich bei deinen nächsten Rennen, in denen du das Limit hoffentlich noch ein bisschen besser spürst.
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* Quelle: Buch "Rennfahrertraining" von Emberger / Prinz
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